Kirmes

Übersicht

1.: Allgemein

2.: Heute in Altena

3.: Geschichte

4.: Zusatzinformation

4.1.: Bilder von Heinz Wever

4.2.: Die Altenaer Kirmes

 

 

zu 1.: Allgemein

Ein Volksfest mit Fahrgeschäften bezeichnet man im Sauerland als Kirmes.

 

Eine Recherche bei Wikipedia ergab, dass sich der Begriff "Kirmes" aus dem Wort "Kirchweihmesse" (Plural: Kirmessen) ableitet.

In anderen Gegenden wird ein solches Volksfest mit Fahrgeschäften auch als "Rummel" bezeichnet.

 

 

zu 2.: Heute in Altena

Seit 1869 wird zum Altenaer Schützenfest eine Kirmes auf dem Festplatz aufgebaut.

 

Seit 1976 wird der Vergnügungspark von der Firma "August Schneider Lippstädter Schausteller Betriebe UG" beschickt.

 

 

Am 04.06.2015 berichtete Thomas Keim für das Altenaer Kreisblatt, dass Platzmeister Volker R. voller Anerkennung war: „Der Mann ist ein Phänomen!“ Er sprach von August S., dem Chef-Schausteller der Schützenfest-Kirmes auf dem Langen Kamp.

 

Mittags war er soeben aus Gütersloh kommend auf den Festplatz angekommen und im nu organisierte S. das Einrücken von Zugmaschinen mit Anhängern, während die ersten Fahrgeschäfte im Aufbau langsam als solche erkennbar wurden. Für den Nachmittag plante S. seine Rückfahrt, dann lägen 500 Kilometer am Lkw-Steuer vor ihm. Nichts Ungewöhnliches? Doch, denn August S. war zu diesem Zeitpunkt bereits 85 Jahre alt. Als der Lippstädter zum ersten Mal nach Altena kam, gehörte zur Kirmes noch eine Ausstellung der Wehrmacht.

 

Aber das Nostalgie-Riesenrad auf dem Platz war noch um einiges älter. Es stammte aus dem Jahre 1918 und wurde damals durch Mitglieder der Düsseldorfer Schaustellerfamilie Bruch für deren eigenen Betrieb gebaut. Im Jahr 2015 gehörte es Jörg L. aus Telgte. Es war damals das einzige Fahrgeschäft in Deutschland, das mitsamt seinem Transportwagen unter Denkmalschutz stand.

Das Riesenrad war eine Holzkonstruktion, bei der nur der Antrieb und die Hauptachse aus Eisen sind. Der Antrieb erfolgte über den „originalen Schleifringmotor mit Salzwasseranlasser“, erklärte L. Dadurch sei ein weicher und gleichmäßiger Lauf gesichert gewesen. Im Laufe der Zeit habe L. natürlich verschlissene Teile ausgewechselt. Dabei habe er allerdings nicht in die Konstruktion eingriffen, sondern den historischen Bestand unverändert kopiert. Zu nennen waren noch die zwölf sogenannte „russische Schaukeln“, also die Gondeln. Sie trugen, genau wie die gesamte Verkleidung, noch die Bemalung von 1938, die natürlich schon mehrfach aufgefrischt wurde. August S. betonte, dass es sich um eines der wenigen Riesenräder älterer Bauart handelte, die in Deutschland noch erhalten waren.

 

Wesentlich rasanter und mit viel High-Tec ging es auf dem benachbarten Fahrgeschäft zu. Die Gondeln es X-Faktor konnten 16 Personen aufnehmen, die sich auf eine äußerst turbulente Fahrt freuen durften. Nicht nur, dass die Gondel bis auf einen Winkel von 125 Grad hoch gefahren werden konnte – also fast über Kopf – sie drehte sich dabei auch mit überzeugender Geschwindigkeit um die eigene Achse.

 

Der X-Faktor gehörte Franz D. aus Unna und war mit einer computerisierten Steuerung ausgestattet. Sie überwachte auch den ordnungsgemäßen Sitz der Sicherheitsbügel.

 

Am Donnerstag, 4. Juni, gab es mit dem Startschuss der Schützenfest-Kirmes auf allen Fahrgeschäften von 14 bis 15 Uhr Freifahrten.

 

 

zu 3.: Geschichte

Elf Jahre war nicht mehr gefeiert worden. Im August 1848 wollten zahlreiche Schützen nun wieder ein Schützenspiel abhalten. Wegen der "schlechten Zeitverhältnisse" schlugen sie vor, dass das Schützenfest zusammen mit der "diesjährigen Kirmeß" stattfinden sollte. Das nächste Schützenfest wurde jedoch erst 1850 und noch ohne Kirmes gefeiert.

1863 zog man das Schützenfest schon größer auf und suchte dazu einen geeigneten Platz.

Am Linscheid feierten 1200-1500 Festbesucher.

 

Erst beim Schützenfest 1869 an gleicher Stelle wurde dem „Carroussel-Inhaber“ Heidmann gegen Vergütung die Erlaubnis erteilt, sich vor dem Festzelt zu „etablieren“.

Darüber hinaus gab es auf dem Festplatz eine „Bude für Bolzenschießen“ und „anderweitige kleine Konditor- und Kram-Buden hiesiger Einwohner“.

 

Seitdem ist die Kirmes fester Bestandteil des Schützenfestes .

 

Nach 1869 war der Festplatz dann der "Lange Kamp" auf der, der Freiheit gegenüberliegenden Lenneseite, zwischen Fluss und dem frischverlegten Gleisbett der Eisenbahn.

Um von der Freiheit auf den Festplatz zu gelangen, wurde extra eine Brücke von der Freiheitstraße über die Lenne zum Langen Kamp errichtet. Darüber mussten nicht nur die Festbesucher, sondern auch die Wagen der Schausteller.

 

1897 wurde die Kirmes u.a. mit einem "Caroussel", einem "Dampf-Caroussel" (Neuheit!), einem Panorama, einem Variete-Theater, dem Hippodrom, Spielzeugbuden sowie Gebäck- und Würstchenbuden beschickt. Am Festplatz war außerdem auch wieder "Conditor Pott" mit seiner "Leckerbude".

 

Seit 1953 engagiert sich Schausteller August S. aus Lippstadt beim Altenaer Schützenfest für die Kirmes und beschickt sie verantwortlich seit 1959. Er hat das Geschäft von seinem Vater übernommen, der schon vor dem II. Weltkrieg als Schausteller in Altena arbeitete. August S. ist 1940 geboren. Schon 1965 beschickte er die Kirmes mit einer Achterbahn, einem Riesenrad, einem Auto-Selbstfahrer und einem Flugzeugkarussell.

In den 70-80er Jahren war das Hippodrom u.a. mit der Elefantendame "Jumbo" ein Publikumsmagnet.

 

Im Jahr 2000 wurde August S. von der FWG für seine 40-jährigen Verdienste um das Altenaer Schützenfest ausgezeichnet.

 

Noch beim Schützenfest 2015 packte er mit stolzen 85 Jahren beim Aufbau der Kirmes mit an.

Im August 2015 hat S. das Geschäft an seinen Sohn August Manuel S. weitergegeben, der das Familienunternehmen mittlerweile in der 6. Generation führt.

 

Dem Altenaer Kreisblatt vom 15.08.2020 ist zu entnehmen, dass die Altenaer sich bereits 1970 Gedanken machten, wie sie den Langen Kamp besser nutzen können, da flaches Bauland in der Burgstadt knapp ist.

Damals ließen sie die Schützenbrücke nach dem Schützenfest noch einige Wochen stehen, um den Langen Kamp als Ausweichparkplatz und Spielfläche zu nutzen.

Die Lösung kam 1980: Mit dem Bau der Lenneuferstraße wurde die Lenne bis an den Bahndamm verlegt und das gesamte Erdreich am stadtseitigen Lenneufer angeschüttet.

Noch vor der Fertigstellung der Lenneuferstraße konnte pünktlich zum Schützenfest 1979 auf dem "neuen" Langen Kamp am rechten Lenneufer Schützenfest gefeiert werden. Seitdem werden beim Schützenfest dort Festzelt und Kirmes aufgebaut.

 

 

zu 4.: Zusatzinformation

4.1.: Bilder von Heinz Wever

Die beiden ältesten bekannten Bilder der Kirmes stammen aus dem Jahre 1937. Sie wurden von dem bekannten Künstler Heinz Wever gemalt und können im Bungernhaus bewundert werden. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen zum Urheberrecht, dürfen diese Bilder hier erst im Jahr 2036 gezeigt werden.

 

Erstaunlich an den Bildern ist, dass die Nationalflaggen an der Schützenbrücke nicht, der Zeit entsprechend, die Farben des Dritten Reiches tragen, sondern schwarz-rot-gold sind. Hierbei handelt es sich mit Sicherheit um eine Veränderung, die erst nach 1945 durch eine unbekannte Person durchgeführt wurde.

 

4.2.: Die Altenaer Kirmes

Historisch erwähenswert ist noch die "Altenaer Kirmes", die von alters her Anfang September eines jeden Jahres zwischen der Burg Holtzbrinck und dem Totschlag, auf dem Markt (also vermutl. dem Bungern), der Marktstraße und der Bungernstraße stattfand.

 

1894 wurde die Genehmigung für diese Kirmes von der Bezirksregierung aufgehoben.

Im Altenaer Kreisblatt von 1962 war zu lesen, dass "seitdem niemals wieder Kirmes in Altena begangen wurde. Daraus wird deutlich, dass für manchen Altenaer der bisher der Friedrich-Wilhelms-Gesellschaft fern stand, der Zeitpunkt gekommen war, sich doch in die Schützenliste eintragen zu lassen, falls er nicht gänzlich auf alle Lustbarkeiten in Altena verzichten wollte."

 

Auch unabhängig vom Fest der Friedrich-Wilhelms-Gesellschaft gab und gibt es in Altena von Zeit zu Zeit eine Kirmes / einen Rummel / einen Jahrmarkt ohne Schützenfest.

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Christian Klimpel / 2020; Mailto: christian.klimpel@gmx.de

 

Quellen:

- Archiv der FWG

- Wilhelm Simons; Altena und seine Schützen; 1967

- Stadtarchiv Stadt Altena

- Chronik der Stadt Altena

- Kreisarchiv MK

- Westfälische Rundschau

- Altenaer Kreisblatt

- www.wikipedia.de

- www.klimpelsjunge.jimdo.com

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