Hünengraben

Übersicht

1. Allgemein

2. Heute in Altena

3. Geschichte

3.1. Drahtwerk Wagener

3.2. Motorenfabrik Selve

4. Altenaer Sagenwelt

5. Zusatzinformation

 

 

zu 1.: Allgemein

Hünengraben ist eine geografische Bezeichnung in Altena. Diese Bezeichnung erinnert an den Begriff "Hünengrab".

 

Ein Hünengrab wird auch als Großsteingrab bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Megalithanlage, die aus großen Steinen angelegt wurde. Die Großsteingräber in Norddeutschland wurden größtenteils in der späten Jungsteinzeit errichtet.

 

Die volkstümliche Bezeichnung „Hünengrab“ ist abgeleitet von „Hüne“. Dieses Wort entspringt dem mittelhochdeutschen „hiune“ und des niederdeutschen „hûne“ mit der Bedeutung „Riese“. Bis ins 17. Jahrhundert bestand die Ansicht, dass es sich bei den Anlagen um „Gräber für Riesen“ handele.

 

 

zu 2.: Heute in Altena

Hünengraben ist ein Stadtteil von Altena und beschreibt den relativ flachen Geländeabschnitt am Fuße des Lattenberges / Tiergarten, der dem gegenüberliegenden Wixberg am nächsten ist. Die Lenne fließt in einer Schleife zwischen Wixberg und Lattenberg um den Hünengraben herum. Dieser befindet sich heute unterhalb der B236 und ist über den Selvekreisel erreichbar.

 

Innerhalb der FWG gehört der Hünengraben zum Zug 2 der Kompanie Kelleramt.

 

Eine Megalithanlage hat es dort nie gegeben. Der Name dieses Stadtteils ist auf eine Sage zurückzuführen.

 

Heute hat das "Drahtwerk Wagener / Stahldrahtwerke Altena" seinen Sitz am Hünengraben. Darüber hinaus existieren dort neben Wohnhäusern einige Schrebergärten, eine Reitanlage und das Clubheim vom Motorsportclub MSC Altena. Direkt an der B 236 haben sich einige Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe am Hünengraben angesiedelt. Der dortige 148m lange Eisenbahntunnel zwischen Bahnhofstraße und Pragpaulbrücke trägt ebenfalls den Namen "Hünengraben".

 

 

zu 3.: Geschichte

Im Freiheitsbrief legte Graf Engelbert III. 1367 die geographischen Grenzen der Freiheit Altena fest. So wurde formuliert, dass die Freiheit so weit reicht, wie die Häuser um Altena gebaut sind, „um die Burg herum und darin“. Mit dem Freiheitsbrief setzte er auch den Gerichtsbezirk für Altena fest, der innerhalb der Freiheit zwischen der (Steinernen) Brücke bis zum Linscheider Bach und bis zum Halse reichte. Hünengraben, Brachtenbecke, Knerling und Pragpaul lagen also außerhalb der Freiheit und gehörten somit zum Kelleramt.

 

Die Vereinigung der Gemeinden Wiblingwerde und Kelleramt zur Großgemeinde Nachrodt-Wiblingwerde erfolgte 1907. Die beiden Gemeinden hatten zusammen 3.718 Einwohner.

1908 erfolgte die Eingemeindung der Ortsteile Knerling, Hünengraben, Pragpaul (teilweise) und des Restteils der Brachtenbecke nach Altena.

 

 

Am Hünengraben gab es zwei herausragende Fabrikanlagen. Zum einen die Anlage von Johann Caspar Rumpe, die noch heute als "Drahtwerk Wagener / Stahldrahtwerke Altena" existiert, zum anderen die größtenteils abgebrochene Motorenfabrik von "Basse und Selve".

 

 

zu 3.1.: Drahtwerk Wagener

Dort wo heute das "Drahtwerk Wagener" steht, gründete ursprünglich Johann Caspar Rumpe seine Fabriquenanlage. Im Laufe der Geschichte wechselten die Besitzverhältnisse. Im Januar 2016 verschmolzen hier die beiden Traditionsunternehmen "Drahtwerk Altena" und "Wagener Stahldraht" zum "Drahtwerk Wagener". Lesen Sie hier die ganze Geschichte:

 

Johann Caspar Rumpe

 

In dem Buch "Altena - Anekdoten und alte Bilder aus Stadt und Land" von Richard Althaus aus dem Jahre 1979 ist folgendes über den Hünengraben zu lesen:

 

"Der Hünengraben in Altena "Eine Fabriqueanlage von Johann Casper Rumpe auf der Felsenhalbinsel". Die Anlage bestand aus je einer Schleif- und Schauermühle für Nähnadeln, einem Raffinierhammer, einem Eisenblechhammer, einer Fingerhutsmühle, Gießhäusern, Fabrikantenwohnungen, einer Faktorei und dem Belvedere mit englischem Garten und Springbrunnen. Das Wasser dazu wurde durch Druckpumpen 300 Fuß hochgedrückt, der Springbrunnen sprang auch noch 60 Fuß hoch. Zwei durch Felsen gesprengte Hauptkanäle lieferten das Wasser der Lenne für die Wasserräder bzw. Turbinen. Neben diesen Anlagen gab es dann noch etliche Nebengebäude und die notwendigen Remisen für den Fuhrpark.

Diese Anlage imponierte auch dem preußischen König (Friedrich-Wilhelm II.) bei seinem Besuch in Altena 1788. Vollendet wurde das Werk 1790."

 

Nach der Reformation gab es seit 1584 keine Katholiken mehr in Altena. Exakt 200 Jahre später, also 1784 brauchte Johann Caspar Rumpe Nadelarbeiter für seine „stählerne Nähnadel-Fabrique“. Diese fand er im katholischen Aachen. Die Nadelarbeiter forderten, dass ihren religiösen Bedürfnissen entsprochen werde. Die Teilhaber der Nähnadelfabrik richteten auch an König Friedrich den Großen den Antrag, die Anstellung eines katholischen Geistlichen zu genehmigen. Der König kam dem Antrag 1785 unter einigen Bedingungen nach und so kam der Katholizismus wieder nach Altena. Die Geschichte der katholischen Kirche in Altena finden Sie unter dem Artikel "Kirchen und Glaubensgemeinschaften".

 

1875 übernahm Ernst Wagener die Fabrikanlage und gründete dort die Wagener GmbH & Co.KG.

 

 

Firma Wagener

 

Die Firma blieb über viele Jahrzehnte in Familienhand. Peter B., der Urenkel Ernst Wageners, leitete das Unternehmen bis 2009 noch in vierter Generation.

2009 ging das Unternehmen in den Besitz der Familie L. über. Diese Familie hatte bereits im Jahr 2002 das benachbarte Drahtwerk Altena übernommen und führte beide Unternehmen nun am Hünengraben zusammen.

 

 

Firma Wilh. Berg / Drahtwerk Altena

 

Die Geschichte vom Drahtwerk Altena begann 1853 als Friedrich Berg und Friedrich Düsterloh die Firma Berg & Düsterloh gründeten. Um Walzdraht aus Eisen herzustellen pachteten sie die "Lutterrolle" in der Rahmede an. Das war der Ursprung des späteren Hauptwerkes der Berg-Gruppe.

 

Aus wirtschaftlichen Gründen trennten sich die Wege der beiden Eigentümer 1885 und Wilhelm Berg führte das Unternehmen unter „Wilh. Berg“ weiter. Die Firma produzierte Drahterzeugnisse und Speichen für Kinderwagen, Fahrräder, Motorräder und Personenkraftwagen. Wilhelm Berg erkannte als erster deutscher Fabrikant die große Bedeutung dieser Stäbe für die aufkommende Mobilität der Gesellschaft in Europa. Um die jahreszeitlich bedingten Schwankungen bei Fahrrädern kompensieren zu können, nahm Berg um die Jahrhundertwende die Produktion von Stahldrahtmatratzen auf.

 

Nach dem Tod von Wilhelm Berg im Jahre 1918 ging die Geschäftsführung zunächst auf seine Witwe und den Enkel Friedrich Ernst Hohage über. Zunächst sah er sich mit einer verschlechterten Absatzlage für Stahldrahtmatratzen konfrontiert, konnte das Unternehmen in den 1920er Jahren jedoch zu einem steilen Aufstieg mit zahlreichen Expandierungen führen. Ab dem 11. Januar 1928 teilte sich Hohage die Firmenleitung mit Fritz Berg, dem Sohn von Wilhelm Berg.

 

Nun wurden Stahlrohrbetten, Krankenhausmöbel und Bettpolster in das Fabrikationsprogramm aufgenommen, wodurch erhebliche Neu- und Erweiterungsbauten nötig waren. 1934 wurde Fritz Berg Teilhaber des Unternehmens und mit dem Tod von Friedr. E. Hohage 1940 wurde er Alleininhaber.

 

Der Krieg brachte große Verluste für das Unternehmen. Von ehemals 1500 Angestellten beschäftigte Berg bei Kriegsende noch 500.

 

Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich das Werk zu einem herausragenden Spezialisten für Federstahldrähte. Um 1960 installierte man mit dem Konkurrenten Union in Fröndenberg eine gemeinsame Verkaufsgesellschaft: Berg-Union. In Spitzenzeiten arbeiteten 3.500 Mitarbeiter an verschiedenen Niederlassungen, u.a. in der Rahmede aber auch in Berlin, Düsseldorf, München, Frankfurt und am Hünengraben, für die Firma Wilh. Berg.

 

Am 3. Februar 1979 verstarb Fritz Berg. Da er und seine Ehefrau kinderlos waren, hatte er kurz festgelegt, dass sein unternehmerisches Werk als Stiftung fortgeführt werden solle. Zunächst war seine Witwe jedoch alleine für die Geschäftsführung verantwortlich. Als diese 1989 verstarb, wurde das Unternehmen als Stiftung geführt. Fritz Berg hatte in seinem Testament außerdem festgelegt, dass diese Stiftung eine Möglichkeit in Altena schaffen solle, in der alten Menschen Wohnung und Betreuung geboten werde. Dieser Wille wurde 1995 mit der Errichtung des Fritz-Berg-Hauses am Bungern realisiert.

 

1991 musste die Verkausfgemeinschaft für Speichen beendet werden, weil der Partner Union in Konkurs ging.

 

Zum 31. März 1994 endete die Produktion von Krankenhausmöbeln und die Sparte wurde verkauft.

 

Am 01. Juli 1996 fusionierte Wilh. Berg mit der Westfälischen Union zum "Märkischen Stahldrahtwerk GmbH".

 

2001 verkaufte Wilh. Berg die restliche Federnproduktion an das Märkische Federnwerk.

 

All diese Maßnahmen führten nicht zur Gesundung des Unternehmens. 2002 folgte der Konkurs der "Märkischen Stahldrahtwerk GmbH" . Der ehemalige Werksbereich der Westfälischen Union in der Nette wurde von der Firma Lüling übernommen, während der Bereich am Ardey als "Drahtwerk Altena" von der Familie L. weitergeführt wurde.

 

Als Familie L. 2009 die Firma Wagener am Hünengraben übernahm, legte sie einige Zeit später auch den Firmensitz von "Drahtwerk Altena" dorthin.

 

 

Drahtwerk Wagener

 

Zur Steigerung der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit sind im Januar 2016 die beiden Traditionsunternehmen "Drahtwerk Altena" und "Wagener Stahldraht" zum "Drahtwerk Wagener" verschmolzen.

 

 

zu 3.2.: Motorenfabrik Selve

1894 wollte Gustav Selve expandieren und ein Motorenwerk in Altena gründen. Neben den Werken am Schwarzenstein und am Linscheid besaß die Firma Basse und Selve nun also noch ein drittes Werk am Hünengraben. Es hatte seinen Standort gegenüber der heutigen Sauerlandhalle am anderen Lenneufer.

 

Selve wollte sich auch das alte Lennewehr der ehem. Nähnadelfabrique Rumpe zu Nutze machen und das aufgestaute Wasser durch einen Tunnel zu seinem Werk am Hünengraben leiten. Die dortige Fabrik war mit hoher Wahrscheinlichkeit die erste in ganz Altena, in der mit einer Turbine Strom erzeugt wurde. Ein öffentliches Stromnetz gab es damals noch nicht.

 

Gustav Selve wollte diesen Strom auch in seinem Privathaus, der Villa Alpenburg, an der Lüdenscheider Straße nutzen und ließ dazu eine Überlandleitung legen. Viele Bürger führten daraufhin Beschwerde über die "Verschandelung" des Stadtbildes. Es kam zum Streit und Gustav Selve zog aus Altena fort.   

Nach dem Tod von Gustav Selve im Jahre 1909 übernahm sein Sohn Walther von Selve die Geschäfte. Vom Erfolg des Unternehmens an der Lenne beflügelt, beschloss er künftig auch Autos zu bauen. Walther von Selve kaufte 1917 die Norddeutschen Automobilwerke (N.A.W.) in Hameln. 1919 wurde das Unternehmen dort umbenannt in Selve Automobilwerke GmbH.

 

Unter der Führung von Direktor Ernst Lehmann produzierte Selve zunächst herkömmliche Personenkraftwagen der Mittelkasse. Dafür wurden ausschließlich 4-Zylinder-Motoren der Konzernschwester Basse & Selve verbaut. Walther von Selve hatte diese Motoren mit Aluminiumlegierung selbst entwickelt und betrat damit absolutes Neuland, denn noch nie zuvor hatte jemand Motoren mit Leichtmetallkolben in Autos verbaut.

Ab 1927 stellte Selve die Produktion von Mittelklassewagen ein und baute stattdessen Luxuslimousinen und Pullman-Limousinen mit 6-Zylinder-Motor. In Folge der Weltwirtschaftskrise 1929 stagnierte der Absatz und die Automobilproduktion wurde aufgegeben. 1934 musste die Selve Automobilwerke GmbH in Hameln endgültig Insolvenz anmelden.

 

Das Motorenwerk am Hünengraben war von der Schließung nur mittelbar betroffen. Jedoch war Basse und Selve bereits ab 1921 mehrmals umstrukturiert worden und gehörte nun bereits seit 1930 zu den Vereinigten Deutschen Metallwerken (VDM).

 

1958 spürte die Firma VDM die Folgen einer weiteren Wirtschaftskrise und schloss das Motorenwerk Hünengraben. Große Teile der Anlage wurden abgebrochen. Heute existiert noch der Gebäudeteil in dem Dienstleistungsunternehmen ihre Geschäftsräume an der Hagener Straße haben. Außerdem wurde das ehemalige Verwaltungsgebäude mit dem Torbogen zu einem Wohnhaus umgebaut. Es steht heute neben der Pragpaulbrücke.

 

 

zu 4.: Altenaer Sagenwelt

Aus der Altenaer Sagenwelt ist folgende Geschichte überliefert, die Gerd Klimpel auf seiner Homepage 2014 veröffentlicht hat:

 

"Es war zu der Zeit, als noch Riesen das Lennetal bewohnten, da lebte einer von ganz ungewöhnlicher Größe in der Nähe von Altena.

Er war so groß, dass er den einen Fuß auf den Tiergarten, den anderen auf den gegenüberliegenden Wixberg setzte, um sich dann zu bücken und sich in der Lenne zu waschen. Dabei gruben sich seine Hände tief in das Flussbett.

 

An diesem Ort hielt er sich gerne auf und als er gestorben war, begruben ihn seine Freunde am Fuße des Tiergartens.

Durch das Grab wurde aber die Lenne aus ihrem Bett gedrängt und musste ihren neuen Lauf um das Grab herum nehmen.

 

Daher hat heute noch der gegen den Wixberg vorspringende Bergrücken den Namen „Hünengrab“. In der heutigen Sprachweise ist daraus das gebräuchliche Wort „Hünengraben“ geworden."

 

Die Lenne ist an dieser Stelle tatsächlich erstaunlich tief, als wäre mit Riesenhänden darin gegraben worden.

 

 

zu 5.: Zusatzinformation

Im Erlebnisaufzug zur Burg Altena werden Sagen aus Altena und der Umgebung vermittelt. Seit Dezember 2017 können sich Besucher an einer der Stationen mit dem Riesen vom Hünengraben fotografieren lassen.

 

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Christian Klimpel / 2020; Mailto: christian.klimpel@gmx.de

 

Quellen:

- Stadtarchiv Stadt Altena

- Chronik der Stadt Altena

- Kreisarchiv MK

- www.wikipedia.de

- www.klimpelsjunge.jimdo.com

- De Rammuthe - Zeitschrift des Heimat- und Bürgervereins Rahmede

- Richard Althaus; Altena - Anekdoten und alte Bilder aus Stadt und Land; 1979

- www.drahtwerk-altena.de

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