1. Allgemein
2. Heute in Altena
3. Geschichte
4. Das Schiff
5. Die Haverie
6. Letzte Ausfahrt der Ostseerocker
7. Das Frettchen und die Liebe
Der folgende Artikel befasst sich mit dem Schnellboot "Frettchen", einem Schnellboot der Gepard-Klasse (143 A) der Bundesmarine.
Auch die aktuellen und ehemaligen Besatzungsmitglieder dieses Schnellbootes wurden liebevoll als "Frettchen" bezeichnet.
Im Allgemeinen beschreibt das Wort "Frettchen" ein Tier der domestizierten Form der Mustela-Untergattung Putorius (Iltisse).
Beim Militär ist diese Untergattung offenbar ein beliebter Namensgeber gewesen, denn bekannt ist auch der VW Iltis (Typ 183). Dabei handelt es sich um einen Geländewagen, der von Ende der 1970er bis Ende der 1990er-Jahre Teil des Bundeswehr-Fuhrparks war.
Seit 1966 unterhielt die Stadt Altena auf Initiative der Marienkameradschaft über 50 Jahre eine lebendige Patenschaft zum Flugkörperschnellboot "S76 Frettchen". Im Jahr 2016 endete die Ära der Schnellboote bei der Bundesmarine und damit auch die Patenschaft.
Trotz des relativ starken Wechsels der Besatzungen und des Kommandanten, ist es den drei Trägervereinen, der Marinekameradschaft Altena, der Friedrich-Wilhelms-Gesellschaft e.V. und dem Technischen Hilfswerk (TWH) gelungen, feste Bindungen zwischen dem Schnellboot und der Stadt Altena herzustellen und auch in persönlichen Bekanntschaften für deren Festigung zu sorgen.
So besuchten Abordnungen des Frettchens unsere Schützenfeste und den Altenaer Weihnachtsmarkt, so oft es der Besatzung möglich war. Auch die Altenaer machten sich gerne auf den Weg nach Warnemünde, wenn das Schiff in seinem Heimathafen lag.
Obwohl das "Frettchen" im Jahr 2016 außer Dienst gestellt wurde, blieben die Kontakte zwischen den ehemaligen Besatzungsmitgliedern und den Altenaern bestehen. So erhielt die FWG auch noch beim Schützenfest 2018 Besuch von einer Abordnung der Bundesmarine.
Am Bungernhaus wurde 2017 eine Tafel angebracht, die an diese Patenschaft erinnert. Über der Tafel thront das Wappen der Stadt Altena. Dieses Stadtwappen hing bis zu ihrer Außerdienststellung im Frettchen.
Die Traditionsvorläufer des letzten Bootes waren das Schnellboot S 76 (1942 - 1945) und das Schnellboot FRETTCHEN (1962 - 1983) vom 7. Schnellbootgeschwader. Das letzte Boot stammte von der Bauwerft Lürssen. Im Januar 1983 wurde es von der Ehefrau des damaligen Altenaer Bürgermeisters getauft und 11 Monate später in Dienst gestellt. Am 01.10.1999 wechselte das Boot zum 2. Schnellbootgeschwader und kehrte nach dessen Auflösung am 28.06.2006 wieder zum 7. SG zurück.
Im Juli 2016 endete die Ära der Schnellboote bei der Bundesmarine und das Frettchen wurde außer Dienst gesetzt.
Das Frettchen war ein Schnellboot der Gepard-Klasse (143 A) der Bundesmarine. Diese Einheiten wurden auf der Basis der „Albatros"-Klasse weiterentwickelt und verfügten, statt eines zweiten 76 mm-Geschützes, über das RAM-Flugkörpersystem. Dieses diente der verbesserten Abwehr von gegnerischen Flugkörpern. Anstelle der Torpedobewaffnung besaß es eine großdimensionierte Minenlegekapazität. Die an Bord befindlichen Sensoren entsprachen weitgehend denen der „Albatros"-Klasse, sie verfügten jedoch über modernere und weitreichendere Möglichkeiten der elektronischen Kampfführung.
Maße (Länge /Breite /Tiefgang): 57,6 m / 7,8 m / 2,6 m
Einsatzverdrängung: 390 t
Geschwindigkeit: Höchstfahrt 40 Knoten (ca. 74 km/h)
Antriebsanlage:
Leistung: 4 x Dieselmotoren mit je 3.300 kW
Bewaffnung:
1x 76 mm OTO-Melara Geschütz
4x Seezielflugkörper MM 38 EXOCET
Minenlegekapazität
21x Flugabwehrkörper RAM (Rolling Airframe Missile)
2x schweres Maschinengewehr 12,7 mm (SMG)
Elektronische Kampfführung
Ausrüstung:
Seeraumüberwachungsradar
Navigationsradar
Automatisches Gefechts- und Informationssystem für Schnellboote (AGIS)
Radar-, Führungs- und Waffenleitanlage
Besatzung:
36 (5 Offiziere)
Beim UNIFIL Einsatz im April 2007 ereignete sich vor der libanesischen Küste eine schwere Havarie mit dem deutschen Marineschnellboot S 71 GEPARD. Eine erste Reparatur erfolgte vor Ort, dann erfolgte die Rückkehr in die Heimat und die Instandsetzung in der Peene-Werft Wolgast.
Beim Schützenfest 2009 griff der 5. Zug (Muckebeutel) der Kompanie Freiheit das Thema noch einmal auf und baute einen entsprechenden Motto-Wagen.
Am Sonntag, den 03.07.2016 endete die Ära der Schnellbote in der deutschen Marine. An diesem Tag liefen die verbliebenen vier Schnellboote S 73 Hermelin", „S 75 Zobel", „S 76 Frettchen" und „S 80 „Hyäne" ein letztes Mal zu einer gemeinsamen Geschwaderfahrt aus.
Die letzten Meldungen ihrer Kommandanten und die Abmeldungen aus der Fahrbereitschaft fanden anschließend in ihrem Heimathafen in Warnemünde statt. Hier wurden auch die Besatzungen traditionell verabschiedet, welche nun in neue Dienststellen wechseln mussten.
Die Schnellboote waren über Jahrzehnte die Arbeitstiere der Marine, klein aber robust. Ihre Besatzung verrichte ihren Dienst auf ihnen in Enge und Hitze. Es war laut und man arbeitete mit robuster Technik. Dies nahmen sie jedoch gern in Kauf und empfanden es als Ehre, auf diesen Schiffen dienen zu dürfen.
Das Frettchen wurde am 16.11.2016 offiziell außer Dienst gestellt. Der Altenaer Bürgermeister sowie Abordnungen der FWG und des THW aus Altena nahmen ebenso an der Feier teil, wie viele aktive und ehemalige Besatzungsmitglieder.
Die Patenschaft über das Frettchen führte natürlich auch zur Einladung der Kommandanten und Matrosen zum Altenaer Schützenfest. Hier entwickelten sich über die Jahre auch diverse Liebesgeschichten zwischen "Frettchen" und Altenaerinnen. So lernte auch der Ex-Smut Thorsten K. seine spätere Ehefrau auf dem Schützenfest kennen und berichtete darüber in der Schützenfestzeitung 2000:
So erzählt der ehemalige Zeitsoldat, dass seine Kammeraden und er eigentlich gar keine Lust hatten, zum Schützenfest nach Altena zu fahren und dies nur auf Befehl taten. Sie wurden für die Dauer ihres Aufenthalts in Altenaer Familien untergebracht. Geld, so sagte man ihnen, brauchen sie nicht, da sie immer eingeladen würden. Ein riesiges Fest und lange Feiern sollten sie erwarten. Geglaubt haben sie dies beim Erhalt des Befehls nicht.
So kam Thorsten völlig unmotiviert bei Familie M. an. Die Tochter des Hauses hieß Anke und war eine hübsche Frau. Sie allerdings war nicht begeistert von der Anwesenheit des Soldaten, da sie für ihn ihr Zimmer räumen musste. Als sich die beiden das erste Mal sahen, war es trotz allem Liebe auf den ersten Blick. Thorsten wusste sofort, dass die Anke die seine ist.
Auch Anke erinnert sich noch gut an die Musikexpressfahrten auf ihrem ersten gemeinsamen Schützenfest. Ihr damaliger Freund musste dem Seemann weichen. Dies tut ihr auch heute noch leid. In ihrer Familie stand man ihrer neuen Liebe skeptisch gegenüber, da man davon ausging, dass der Marinesoldat bestimmt nicht bleiben würde. Aber immer wieder stand er auch nach dem Schützenfest vor Ankes Haustür und schnell waren die Vorbehalte ausgeräumt.
Thorstens Kommandanten verspotteten ihn, als ständig Post aus Altena für ihn ankam, da sie ja wussten, dass er nur widerwillig nach Altena zum Schützenfest gereist war. Doch nicht nur er fand dort die Frau seines Lebens, auch einem anderen Kameraden erging es so. Ein Glück, dass sie diesen Befehl befolgten!
5 Jahre nach ihrer ersten Begegnung heirateten Anke und Thorsten, fast genau am Jahrestag des Schützenfesttermins.
Thorsten bestätigt auch als Nichtbiertrinker: Auf dem Altenaer Schützenfest wurde wirklich toll gefeiert.
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Christian Klimpel / 2020; Mailto: christian.klimpel@gmx.de
Quellen:
- Archiv der Friedrich-Wilhelms-Gesellschaft
- Wilhelm Simons; Altena und seine Schützen; 1967
- www.wikipedia.de
- www.marine.de
- Chronik der Stadt Altena