1. Allgemein
2. Heute in Altena
3. Geschichte
4. Das Knickebein-Lied
5. Das Originalgedicht
6. Zusatzinformation
7. Die alkoholfreie Alternative
Nadine Hampel schreibt 2010 in ihrem Buch "Das Schützenfest als kultureller Sonderfall:
"Neben Bier als wichtigstes Getränk, besitzen die Altenaer auch in Hinsicht auf die Spirituosen eine Extravaganz. Bekannt ist diese unter dem ungewöhnlichen Namen "Knickebein"."
Eine Internetrecherche ergab, dass es in Deutschland verschiedene Produkte gibt, die als Knickbein vertrieben werden. All diesen Produkten ist gemeinsam, dass sie Alkohol enthalten. Als Knickebein wird ein dreischichtiger Cocktail aus Likör und einem rohen Eigelb bezeichnet. Darüber hinaus gibt es auch Alternativen aus Branntwein und Eierlikör. Außerdem gibt es eine bestimmte Art Pralinen mit halbflüssiger Füllung aus eierlikörhaltiger und fruchtsaftliköriger Fondantcreme, die ebenfalls als Knickebein bezeichnet wird.
Weiter schreibt Nadine Hampel:
"In Altena taucht Knickebein zum ersten Mal in den Aufzeichnungen des Festessens 1869 auf.
Ein Knickebein ist grüner Minzlikör, darauf roter Kirschlikör und oben weißer Curacao. Darauf kommt ein rohes Eigelb, überstreut mit Pfeffer und Kaffeepulver.
Ein solch, im ersten Moment abschreckendes Getränk, hat natürlich eine Tradition und auch einen bestimmten Usus, wie es getrunken wird. Hierzu steht eine Person der trinkenden Gruppe auf und singt das Lied, dass die Tradition des Knickebeins nach Meinung der FWG-Schützen begründet.
Erst dann darf getrunken werden. Diese Prozession lernt jeder Schütze schon zu Beginn seiner Mitgliedschaft.
Der Name "Knickebein" geht auf unterschiedliche Überlieferungen zurück:
Die Tradition der Altenaer Schützen gründet auf der zweiten Überlieferung.
Der Ursprung dieses Liedes ist unbekannt. Fest steht, dass der Text eine Persiflage des Originalgedichtes ist, das 1813 von Schenkendorf verfasst wurde (siehe 5.). Da der Text in Altena überwiegend mündlich weitergegeben wurde, existieren verschiedene Version (siehe 6.) mit kleineren Nuancen, die aber alle den gleichen Textsinn ergeben. Schriftlich überliefert ist am häufigsten dieser Text:
Als der Sandwirt von Passeier
Innsbruck hat im Sturm genommen
Ließ es sich ein Dutzend Eier
Und dazu zwölf Schnäpse kommen
Machte daraus eine Mischung
Trank sie aus und knickte ein
Und seit dem heißt diese Mischung
In ganz Deutschland "Knickebein"
Knickebein, Knickebein, du mein Vergnügen,
Knickebein, Knickebein, du meine Lust
Gäbs kein‘ Knickebein, gäbs kein‘ Vergnügen,
gäbs kein‘ Knickebein, gäbs keine Lust"
Auch der Ursprung der Melodie ist unbekannt, jedoch erinnern Eingangsmelodie und Refrain an das Volkslied "Du, du liegst mir am Herzen“.
Obwohl es sich bei dem Knickebein-Lied um ein bekanntes Studentenlied handelt, lagen lange keine Noten zu dem Stück vor und es wurde ausschließlich mündlich von Generation zu Generation übertragen.
Im Jahr 2018 machte sich der Dirigent Thorsten G. die Mühe und schrieb die Noten nieder. Daraus fertigte er einen vierstimmigen Satz für das Altenaer Blasorchester.
Das Originalgedicht "Andreas Hofer" hat Max von Schenkendorf 1813 verfasst:
Als der Sandwirt von Passeier
Innsbruck hat mit Sturm genommen,
Die Studenten, ihm zur Feier,
Mit den Geigen mittags kommen,
Laufen alle aus der Lehre,
Ihm ein Hochvivat zu bringen,
Wollen ihm zu seiner Ehre
Seine Heldentaten singen.
Doch der Held gebietet Stille,
Spricht dann ernst: »Legt hin die Geigen!
Ernst ist Gottes Kriegeswille.
Wir sind all dem Tode eigen.
Ich ließ nicht um lust'ge Spiele
Weib und Kind in Tränen liegen;
Weil ich nach dem Himmel ziele,
Kann ich ird'sche Feind' besiegen.
Kniet bei euren Rosenkränzen!
Dies sind meine frohsten Geigen;
Wenn die Augen betend glänzen,
Wird sich Gott der Herr drein zeigen.
Betet leise für mich Armen,
Betet laut für unsern Kaiser,
Dies ist mir das liebste Karmen:
Gott schütz' edle Fürstenhäuser!
Ich hab' keine Zeit zum Beten,
Sagt dem Herrn der Welt, wie's stehe,
Wie viel Leichen wir hier säten
In dem Tal und auf der Höhe,
Wie wir hungern, wie wir wachen,
Und wie viele brave Schützen
Nicht mehr schießen, nicht mehr lachen –
Gott allein kann uns beschützen!"
Hans Dieter Schulz veröffentlichte zum Schützenfest 2000 folgenden Zeitungsartikel:
Der Knickebein geht in die Beine
"Schützenfest und Knickebein gehören in Altena einfach zusammen. Was hat es nun mit dem Knickebein auf sich? Er ist ein Likör, dem ein ganzer Eidotter beigegeben ist. Der Name wird so aufgefasst, dass diese Mischung in die Beine geht, nämlich die Beine knickt. Der Name selbst ist deutlich älter als diese alkoholische Mischung. Im ehemaligen Ostpreußen gab es eine Redensart: Stah stief Knäkerben, seggt de Sparling to´m Hadebar. Und im "Wörterbuch der westfälischen Mundart" von F. L. Woeste finden wir: "Das Knickebein, Schelte für einen, der mit geknickten Beinen geht. - Knickebene, im Hirtenreim: O heme, knickebene o lirgenblad! Usse kaü sind sad, dann gatt se na hus, dat se God bewart."
Die Übertragung des Reimes ins Hochdeutsche lautet: "Oh, nach Hause, Knickebeine, Oh Lilienblatt! Unsere Kühe sind satt, dann gehen sie nach Hause, auf dass sie Gott bewahre." In den Zeiten als dieser Reim entstand, dachte noch niemand an das alkoholische Getränk.
Über das Entstehen der Übertragung des alten Ausdrucks auf das alkoholische Getränk gibt es eine dichterische Überlieferung. In einem Studentenlied, das eine scherzhafte Nachbildung eines Gedichtes von Max von Schenkendorf (1783-1817) darstellt, heißt es:
„Als der Sandwirt von Passeyer -
Innsbruck hat im Sturm genommen -
Ließ er sich ein Dutzend Eier -
Und ein Dutzend Schnäpse kommen, -
Machte daraus eine Mischung, -
Schlürft sie mit Behagen ein. -
Seitdem nennt man die Erfrischung -
In ganz Deutschland - Knickebein.“
Aber nach anderer studentischer Überlieferung wird die Erfindung des Knickebeins nicht mit dem Tiroler Freiheitshelden Andreas Hofer verbunden, sondern mit einem mecklenburgischen Studiosus zu Jena, der sei stets mit eingeknickten Beinen gegangen, daher habe sein Lieblingsgetränk seinen Spitznamen Knickebein geerbt.
Jedenfalls ist das Wort Knickebein als imperativische Bildung aufzufassen, als eine zum Hauptwort erstarrte Befehlsform nach Art von Vergissmeinnicht, Stelldichein, Tunichtgut, Luginsland usw. Gerade unter den volkstümlichen Bezeichnungen für Schnäpse finden sich viele solcher erstarrter Imperative. So kennen niederdeutsche Mundarten den Ausdruck "Smitum" (Schmeiß um!) für Branntwein, "Smit-den-Kärl“ für das Bier (in einem alten Märchen). Ein Leipziger Ausdruck für Schnaps lautet: "Wuppdich". Hessisch ist: "Rackermichdichtig!“ Eigentlich ist auch das Wort Schnaps selbst imperativischer Herkunft : „Schnapp es!“
Im Französischen heißt ein starker Schnaps cassegueuele, soll heißen „Sprengt die Kehle“. Noch drastischere und ebenfalls imperativische Volksausdrücke der Franzosen sind Casse-pattes "Brich die Pfoten" und roule-par terre "Wälz dich auf dem Boden". Was der Autor Altenas Knickebeingenießern natürlich nicht wünscht."
Zwei 9jährigen Mädchen aus der Kompanie Kelleramt gefielen die Farben des Getränks so gut, dass sie beim Kränzebinden 2018 auf die Idee kamen, einen alkoholfreien Knickebein zu kreieren.
Dazu schichteten sie drei verschiedene Sorten Wackelpudding in Gläsern. Als Topping diente ein halber Pfirsich, der mit Kakaopulver bestreut wurde. Der alkoholfreie Knickebein war innerhalb von Minuten ausverkauft und die Mädels sehr stolz, dass ihre leckere Erfindung so gut angenommen wurde.
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Christian Klimpel / 2020; Mailto: christian.klimpel@gmx.de
Quellen:
- Archiv der FWG
- Wilhelm Simons; Altena und seine Schützen; 1967
- Nadine Hampel; Das Schützenfest als kultureller Sonderfall; 2010
- Ina Hornemann; Artikel im Altenaer Kreisblatt; 10.04.2018
- Westfälische Rundschau
- www.wikipedia.de
- www.klimpelsjunge.jimdo.com